So Gedanken

Mein Französischlehrer hatte keine Ahnung

Vaudevoise

 

Da war er wieder. Neulich. Dieser TV-Spot, der seit 2012 offenbar erfolgreich läuft, mich aber immer wieder etwas an den Werbestrategen und ihren Auftraggebern zweifeln lässt. „Ich bin Vaudevoise!“ Wie ich jeweils zu sagen pflege: „so richtig aus dem Leben gegriffen“.

„Freude herrscht“

Der Wunschtraum jedes Versicherungsmanagers. Ein Kunde, der sich so an seiner Versicherungspolice freut, dass er im Überschwang seinen eigenden Namen vergisst und sich stattdessen nach seiner Versicherung nennt. Da glaubt wirklich einer, irgendjemand glaubt, dass es irgendjemanden gibt, der das aus eigenem Antrieb sagt, aus lauter Begeisterung und bewahre, ohne dass Geld im Spiel ist.

Ich bin auch Zweifel Chips

„Ich bin Vaudevoise“. Nein. Eher bin ich Zweifel Chips. Das könnte ich mir nach einem emotionalen Fussballfernsehabend vorstellen. Oder: „ich bin Feldschlösschen“. So ganz im Sinne von, „wes das Herz (oder vielleicht auch anderes) voll ist, des geht der Mund über“ (Mat. 12, 34). Aber: „ich bin Vaudevoise“?

Starke Affinität zur französischen Sprache

Wenn schon müsste ich etwas holprig sagen, ich bin Neuchâtelois. Zwar ist nur ein Viertel davon wirklich echt. Dieses verdanke ich meinen Urgrosseltern, die auf der Suche nach Arbeit von Le Landeron NE her kommend in Maisprach BL heimisch geworden sind. Also bin ich quasi ein Teilromand.

Vor meinem Französischlehrer konnte ich das während der ganzen Schulzeit geschickt verbergen. Meine starke Affinität zur französischen Sprache ist vermutlich durch die zu dominanten Einflüsse meines Baselbieter Umfelds verdeckt worden.

Corporate Identity

Ich bin nicht Vaudevoise. Ich bin aber auch nicht Bâloise. Obwohl dies mein Versicherer und Arbeitgeber ist. Quasi mein Beschützer und Ernährer. Es gab auch schon Phasen, in denen da über die Corporate Identity nachgedacht und dann erwartet wurde, dass sich jedes Kadermitglied einen blauen Bâloisehaken ans Revers heftet, am liebsten Tag und Nacht. Das fand ich dann doch etwas überflüssig. Wenn sogar 25 Jahre beim selben Arbeitgeber nicht reichen, die Identifizierung mit dem Unternehmen glaubhaft auszudrücken, klappt es auch nicht mit einem blauen Zwangs-Anstecker.

Ich bin Baselland

Baselbieter Politikerinnen und Politiker (gewählte, abgewählte, noch nicht gewählte und sicher auch nie gewählte) haben in den letzten Jahren vermehrt Gefallen daran gefunden, sich den Rotstab anzuheften. Auch schon bevor über ein oder zwei Basel diskutiert, gestritten und abgestimmt wurde. Warum nicht?

Dem flüchtigen Blick auf’s Revers ziehe ich aber immer noch den etwas längeren Blick und das Hinhören auf die Worte und Taten unserer Land-, Regierungs-, National- und Ständeräte vor.

Da finde ich halt manchmal beim besten Willen trotz rotem Baselbieterstab kein „Ich bin Baselland“. Höchstens ein „Ich bin Wirtschaft“ oder ein „Ich bin Hauseigentum“. Und manchmal auch nur ein „Ich bin Ich und nochmals Ich“.